Olympia | Kessing: „Leichtathleten aus der Talsohle heraus“

  12.08.2024    WLV Top-News WLV BLV Top-News BLV BW-Leichtathletik Top-Events Top-News BW-Leichtathletik Wettkampfsport
Vier Medaillen aber noch nicht alles Gold was glänzt - die Diskussion um Leistungsförderung hält an.

In Budapest musste DLV-Präsident Jürgen Kessing eine bittere WM-Bilanz ohne Medaille kommentieren. In Paris haben die deutschen Leichtathleten vier Medaillen geholt: Gold durch Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye, Silber durch Weitspringerin Malaika Mihambo und Zehnkämpfer Leo Neugebauer sowie Bronze durch die 4x100 Meter-Staffel der Frauen. „Wir lagen damit  deutlich besser als im Vorjahr in Budapest und sind aus der Talsohle wieder heraus“, zog Kessing eine positive Bilanz zum Abschneiden im Stade de France.

„Diese Goldmedaille von Ogunleye tut unserer Sportart natürlich gut“, meinte der Oberürgermeister von Bietigheim-Bissingen, „wir hatten aber auch weitere sehr gute Resultate zu verzeichnen“. Dazu zählt er das Abschneiden von Speerwerfer Julian Weber, Weitspringer Simon Batz oder Dreispringer Max Heß. „Ich denke, Gina Lückenkemper hat in der 4x100 Meter-Staffel das Rennen ihres Lebens gemacht“, erläutert Kessing zudem.

Man habe in der ein oder anderen Disziplin mehr erwartet, man müse aber einfach sehen, dass die Breite in der Weltspitze noch einmal „brutal stärker“ geworden sei. „Wir brauchen dringend noch mehr Unterstützung im finanziellen Bereich und der Trainer, deshalb war es sehr wichtig, dass Bundeskanzler Olaf Scholz nach Paris gekommen ist und sich unsere Sorgen und Nöte angehört hat“, hofft der DLV-Präsident auf Verbesserungen.

Jörg Bügner, seit Anfang des Jahres als Vorstand Leistungssport der starke Mann im DLV, sieht in Paris eine Trendumkehr. „Wir haben endlich wieder Athleten gesund an den Start gebracht und die Kommunikationsstrukturen verschlankt“, nannte Bügner die Gründe,  „hierfür wir werden dennoch einige Jahre benötigen, um unsere Zielstellung, wieder in die Top fünf zu kommen, zu erreichen“. Seine Bilanz sei dennoch durchwachsen, weil die deutschen Leichtathleten in einigen Disziplinen nicht mehr präsent sind, beispielsweise im Kugelstoßen der Männer oder im Dreisprung der Frauen. Anlass zur Hoffnung würden junge Athleten wie Simon Batz, Merlin Hummel oder Mikaelle Assani geben. Positiv hebt er die Leistungen der drei deutschen Hindernisläuferinnen, Clemens Prüfer im Diskuswerfen, Max Hess im Dreisprung sowie 800 Meter-Läuferin Maitje Kohlberg hervor.

Die Dominanz der USA mit 34 Medaillen wirft erneut die Frage nach der Überlegenheit des US-Collegesystems auf. Zehnkämpfer Leo Neugebauer, der am US-College in Austin (Texas) zum Weltklasseathleten entwickelt wurde, hat die Diskussion befeuert. Die Tatsache, dass die Uni in Texas einen Sportetat mit 240 Millionen Dollar zur Verfügung hat, während der gesamte deutsche Sport von der Bundesregierung mit insgesamt 280 Millionen gefördert wird, wirft die Frage nach der finanziellen Seite auf. Geld macht  Medaillen, dies wird bestätigt.

„Wir können uns nicht anderen Sportfördersystemen vergleichen, wir haben ein föderales System, mit dem wir durchaus konkurenzfähig sind“, ist Bügner überzeugt. „Wir müssen auf uns schauen und unsere Athleten in unserem System nach vorne bringen“, fordert er. 

Trotz der Trendumkehr nehme er viel Aufgaben mit.  „Wir haben bei der Leichtathletik im Stade de France eine grandiose Stimmung mit einem sehr fairen Publikum erlebt“, bilanziert Bügner. Und die Leichtathletik habe in Paris mit täglich 140 000 Zuschauer in den Morgen- und Abendsessions ihre Stellung als Kernsportart der Olympischen Spiele untermauert.

Ewald Walker / blv